In Europa brennt es – finanztechnisch – mal wieder (oder besser: immer noch!) an allen Ecken und niemanden interessiert es. Die Politik verschweigt die Brisanz der Lage. Griechenland und seine Banken sind eigentlich längst hoffnungslos pleite. Das will aber so direkt niemand öffentlich sagen und so wird die eigentliche Lage mit geschickter Zahlenakrobatik verwässert. Anders geht es wohl erstmal auch nicht. Ansonsten würden die Griechen den Banken die Türen einrennen und den kümmerlichen Rest ihrer Ersparnisse unters Kopfkissen packen.
Erst am 20. August diesen Jahres – also vor gerade mal 7 Wochen – hat EU-Präsident Tusk dem griechischen Volk gratuliert: „Ihr habt es geschafft!“ schrieb er vollmundig per Twitter. Die ersten Kommentare, die diese Aussage als „Bullshit“ entlarvten, ließen dann auch nicht lange auf sich warten. Und EU-Finanzkommissar Moscovici sprach einen Tag darauf gar von einem „symbolischen Schlussstrich unter eine existenzielle Krise des Euro-Währungsgebiets“. Und vor nicht mal einem halben Jahr war die EZB (Europäische Zentralbank) noch davon überzeugt, dass die vier systemrelevanten griechischen Großbanken auch schwere Turbulenzen ohne größere Schäden überstehen können. Wer’s glaubt, wird selig?
Die Lüge von der überwundenen Finanzkrise
Schauen Sie sich die Aktien-Charts von Alpha-Bank, Eurobank Ergasias, National Bank of Greece und Piraeus-Bank heute mal genauer an. Seit Anfang September haben die vier griechischen Großbanken mehr als ein Viertel ihrer eh schon sehr mageren Marktkapitalisierung eingebüßt! Und in den Bankbilanzen schlummern noch faule Kredite im Gesamtwert von gut 88 Milliarden Euro. Also wie soll das Problem behoben werden, ohne dass die Banken pleite gehen? Wieder muss der Euro-Rettungsschirm ESM und somit der europäische und vor allem wohl wieder der deutsche Steuerzahler den ganzen faulen Mist ausbaden. Und das mit der „Bad Bank“ hat ja auch schon vor gut 10 Jahren super funktioniert.
Brandherde: Griechenland, Italien, Großbritannien und die Türkei
Es brennt nicht nur in Griechenland. Die Inflation in der Türkei liegt aktuell bei 24,5%. Italien ist hoch verschuldet. Im 1. Quartal 2018 waren es 133,4% des Bruttoinlandsproduktes. Das wird mit 180,4% nur noch von Griechanland getoppt. Zum Vergleich: Deutschland lag zu dem Zeitpunkt bei 62,9%. Und damit liegen auch wir immer noch oberhalb der Grenze von 60%, die der Europäische Stabilitätspakt vorgibt! Ist aber ja nicht so schlimm 😉 Schließlich bleibt nur gut die Hälfte der EU-Länder unterhalb der Grenze… Der EU-weite Durchschnitt liegt laut der Statista-Studie nämlich bei 81,5%.
Die italienischen Anleihezinsen steigen und steigen auf mittlerweile 3,4% (10jährige) und 1,35% (2jährige). So hoch standen sie zuletzt im Februar 2014. Naja… wen schert es? Die neue Rechts-Links Regierung wohl eher nur beiläufig. Bis Ende des Jahres sind ja „nur“ Staatsanleihen im Wert von fast 80 Milliarden Euro fällig. Das wird schon… Und wenn es am 30. März 2019 zu einem „harten Brexit“ – also einem Austritt von Großbritannien aus der EU ohne vernünftige Übereinkünfte – kommt, trifft das nicht nur die Briten und ihre Exporte. Das vereinigte Königreich könnte zum Beispiel auch seine Steuern senken und dabei europäische Standards für Arbeitnehmer und Freihandel unterbieten. Das würde dann Unternehmen aus dem übrigen Europa anlocken und die Steuereinnahmen der „Fluchtländer“ schmälern.
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass es derzeit nicht nur in Europa kriselt. Neben der Türkei gehören auch noch die Schwellenländer Argentinien, Brasilien, Indien und Indonesien zu den sogenannten „Fragilen 5“. Kurzum: dort sieht’s auch Scheiße aus. Und auch in einem dieser Länder könnte die „Bombe“ hochgehen, die den weltweiten Finanzmarkt zum Beben bringt.
Wie geht es denn nun weiter?
Wirtschaftsexperte und Nobelpreisträger Robert Shiller (72) beispielsweise warnt schon länger vor einer Krise und sieht am aktuellen Aktienmarkt gar Parallelen zum Crash von 1929. Und er sollte es wirklich wissen. Schließlich hat er neben der im März 2000 geplatzten „Dotcom-Blase“ auch schon die letzte Weltfinanzkrise 2007/2008 vorausgesagt. Er stellt zu Recht fest, dass die Aktienmärkte seit 2009 unentwegt steigen und führt dies auf eine nachhaltig (zu) gute Stimmung der Anleger zurück. Diese „Bullenmarktstimmung“ gab es auch schon in den 1920er und 1990er Jahren. Aber sie dauerte eben nicht ewig und fand 1929 bzw 2000 ein jähes Ende.
Im Grunde genommen gibt es als Ausweg nur zwei Möglichkeiten: einen Krieg oder einen Crash! Wir sind uns da wohl alle einig, dass die erste Möglichkeit im Atomzeitalter (höchstwahrscheinlich) eine ziemlich endgültige Angelegenheit wäre. Also lieber ein Crash… Problem dabei: bei den europäischen Banken liegen weltweit auch noch jede Menge „stinkende Leichen“ aus der letzten Weltfinanzkrise im Keller. Die riecht man nur im Moment nicht, weil sie quasi „auf Eis“ liegen. Die Auswirkungen eines Crash wären also für uns Europäer deutlich schlimmer als vor knapp 10 Jahren. „Die Fallhöhe ist deutlich größer!“
Die USA waren damals beim Ausmisten sehr viel gründlicher. Trotzdem wäre die ebenfalls mit ca. 22 Billionen US-Dollar (!) hoch verschuldete Weltmacht von einer Weltfinanzkrise natürlich ebenso betroffen wie alle anderen Länder auch. Einige halt nur eben viel stärker als andere… Und wer jetzt (mal wieder) denkt, der Verfasser dieses Artikels hüpft wie Rumpelstilzchen mit einem Aluhut auf dem Kopf durch die Gegend und verbreitet einfach nur unnütz Panik, der möge sich bitte mal selbständig in diversen Internetquellen informieren und/oder das folgende sehr aufschlussreiche Video aufmerksam anschauen.
Video I: Geheimakte Finanzkrise (ZDF Zoom)
Vielleicht dauert’s aber auch noch…
Vielleicht geht es aber jetzt an den Finanzmärkten auch erstmal noch einige Monate schick bergauf und alle schieben die Krise nochmal schön weit von sich. Und dann kommt der große Knall (wie so oft) aus heiterem Himmel und erwischt die meisten natürlich wieder auf dem völlig falschen Fuß. Verstehen Sie mich nicht falsch: ich möchte keine Panik verbreiten. Dafür ist es vielleicht (vielleicht aber auch nicht!) noch zu früh. Es ist aber alle Male höchste Zeit, sich in Habacht-Stellung zu begeben und die Geschehnisse genauestens zu verfolgen. Machen Sie sich bitte auch schon mal Gedanken darüber, wie Sie sich gegen eine Krise absichern können.
Das Gold ist gerade noch recht günstig. ABER: wenn es so richtig zur Sache geht, kann ein Staat Goldbesitzer mittels des Goldverbotes enteignen. So etwas hat es zwar seit 1945 in Deutschland nicht mehr gegeben, aber wer weiß… Cash aufm Konto? Ist auch doof, wenn es zu einer richtig bösen Inflation kommt. Die nennt sich dann „Hyperinflation“ und hat mit Scooter herzlich wenig gemein 😉 Dann vielleicht doch lieber gute Aktien, die irgendwann nach der Krise wieder zu alten Kursen aufschließen. Aber bitte lieber in Coca Cola und Co. investieren als in Techwerte.
Vielleicht kümmern wir uns aber dann doch lieber um wichtigere Probleme wie den Hambacher Forst. Fledermaus „Hambi“ ist doch sooo niedlich. Scheiß auf die eine Milliarde, die RWE dadurch an nur einem einzigen verf…… (Tschuldigung) Tag verloren hat. Und scheiß auch auf die 5.000 Arbeitsplätze, die „Hambi“ wohl demnächst auf dem Gewissen haben wird… Und wenn dann vielleicht irgendwann tausende Haushalte in NRW ohne Strom da steh’n? Hambi fliegt fröhlich durch seinen geliebten Forst. Auch wenn ihn dabei bei Nacht wohl keiner sieht… auch nicht mit einer rosaroten oder dunkelgrünen Brille. Aber damit sieht zumindest der Rest der Welt doch gleich viel schöner aus (Sarkasmus Ende).
Sie verstehen nur Bahnhof? Macht ja nix.
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Video II: Die Folgen der griechischen Finanzkrise
Alle Angaben ohne Gewähr. Der Verfasser ist selbst in Aktien investiert. Dieser Beitrag gibt ausschließlich die persönliche Meinung des Autors wieder und stellt keine Kauf- oder Verkaufsempfehlung dar und soll auch sonst zu keiner (übereilten) Handlung animieren.
Foto: pixabay.com
Matthias erstellt, betreibt und vermarktet schon seit dem Jahre 2000 diverse Blogs und Webseiten. Die meisten davon drehen sich um Verbraucherthemen sowie Produkttests, Aktien, Börse und Tipps zum Geld sparen.
Er wurde 1973 geboren, lebt in einem kleinen Dorf in der Nähe von Hannover und ist alleinerziehender Vater von zwei Kindern im Teeniealter.
Sehr bissig und informativ auf den Punkt gebracht! Mehr davon. Sie haben einen neuen Leser gewonnen.
Hallo Herbert,
das freut mich sehr! Dann waren die vielen Stunden an einem sonnigen Sonntag doch gut investiert 🙂
Herzliche Grüße,
Matthias
Schön und informativ geschrieben. Den Teil mit der Fledermaus hättest du (auch wenn ich RWE-Aktionär bin) meinetwegen auch weglassen können und stattdessen einen themenbezogeneren Schluss schreiben können 🙂 Ansonsten aber weiter so!
Danke Nils! Doch… das mit der Fledermaus war mir wichtig, auch wenn ich keine RWE-Aktien besitze. Ich habe nix gegen Fledermäuse und auch Kakerlaken können meinetwegen ein langes und erfülltes Leben haben (solange sie mich nicht nerven). Diese Schlusspassage hätte auch vom armen Herrn Stadler handeln können. Aber wahrscheinlich ist Hambi derzeit bei vielen Leuten bekannter als der ehemalige Audi-Chef, dem man lieber zutiefst dankbar sein sollte, als ihn in U-Haft verrotten zu lassen. Das Ganze sollte mehr als „Wink mit dem Zaunpfahl“ gesehen werden.